Die Bedeutung von Vertrauen
Vertrauen ist ein ökonomisch relevantes Phänomen. Es ist unverzichtbar in zentralen Unternehmensbereichen und Situationen, in denen
- Zusammenarbeit die schnelle und flexible Reaktionsfähigkeit sichert,
- die Qualität der Kommunikationsprozesse eine Voraussetzung für Erfolg ist,
- Informationsweitergabe eine kritische Ressource darstellt,
- Kontrolle entweder nicht möglich ist oder sich als ineffizient erweist, da sie zu hohe Kosten verursacht.
Vertrauen wird häufig erst dann um Thema, wenn es gestört ist und der Mangel an Vertrauen zu offensichtlichen Reibungs- und Reputationsverlusten führt.
Positive Wirkungen von Vertrauen
Die positiven Wirkungen von Vertrauen im Unternehmenskontext sind vielfältig und in zahlreichen Studien belegt (vgl. dazu Späth, 2008):
- Vertrauen beeinflusst die Leistung von Individuen und Gruppen im Unternehmen und erhöht die Zufriedenheit von MitarbeiterInnen, KooperationspartnerInnen und Kunden.
- Vertrauensbewusste Führung reduziert die Transaktionskosten und steigert das freiwillige Arbeitsengagement der Mitarbeitenden.
- Vertrauen beschleunigt den Informationsaustausch und fördert die Akzeptanz von Projekt- und Unternehmenszielen.
Im Bereich der Team- und Projektarbeit liefert Vertrauen die grundlegende Voraussetzung für Kooperation.
Vertrauen in und zwischen Organisationen
Vertrauen ist ein Thema, das spannende Diskussionen auslöst - sei es zwischen WissenschaftlerInnen, KooperationspartnerInnen, ArbeitskollegInnen, aber auch im Familien- und Bekanntenkreis. Das Phänomen hat mich im Jahr 2001 auf dem „First International Network on Trust“ an der Vrije Universiteit Amsterdam in seinen Bann gezogen und seitdem mein Leben maßgeblich beeinflusst. Ich danke den vielfältigen GesprächspartnerInnen aus der Forschung und Praxis, die mein Verständnis zwischenmenschlicher Vertrauensprozesse deutlich prägen..
Als Phänomen des menschlichen Alltags wird die inhaltliche Bedeutung von Vertrauen im Umgangssprachlichen vorausgesetzt und bedarf meist keiner näheren Erläuterung. In ausgeprägtem Gegensatz dazu steht jedoch die Vielzahl an Vertrauensverständnissen in der Wissenschaft. Denn Vertrauensforschung findet in den unterschiedlichsten Disziplinen wie der Psychologie, Soziologie, Politologie, Ökonomie und den Neurowissenschaften statt. Der Bedarf an Grundlagenforschung zur Konsolidierung bestehender Erklärungsmodelle ist und bleibt angesichts des Fehlens einer Vertrauenstheorie besonders hoch.
Seit Mitte der 1990er Jahre hat das Thema Vertrauen eine besondere Konjunktur in der betriebswirtschaftlichen Forschung und Praxis erfahren. Die Popularität des Vertrauensbegriffs ist nicht zuletzt in seiner intuitiven Zugänglichkeit begründet, allerdings hinkt die wissenschaftliche Erklärung von Vertrauen diesem Trend weiterhin hinterher.
Mein Beitrag zur Vertrauensforschung
Trotz der Prominenz des Themas in der Praxis und seiner nachhaltigen Diskussion in der Wissenschaft sind Publikationen rar, die ein interdisziplinäres Vertrauensverständnis zugrunde legen, systematisch die Entstehungsbedingungen und Verhaltenswirkungen von Vertrauen im Unternehmenskontext analysieren, unterschiedliche Phasen des Vertrauensprozesses betrachten und validierte Skalen zur Messung von Vertrauen offenlegen, um eine Vergleichbarkeit der Forschungsergebnisse zu gewährleisten,
Einen Beitrag zur Verringerung dieser Forschungslücken möchte ich in meinem Buch „Interpersonelles Vertrauen in Organisationen“ liefern.
- Das theoretische Erklärungsziel liegt hier in der Zusammenführung bedeutender Ansätze zu einem betriebswirtschaftlichen Modell des Vertrauens.
- Das methodologische Erklärungsinteresse richtet sich auf die Analyse von Vertrauen als Ursache, als Wirkung und als vermittelnde Variable.
- Das praktische Interesse besteht darin zu ergründen, ob und wie es möglich ist, die Entwicklung von Vertrauen in Organisationen positiv zu beeinflussen.
Julia F. Späth: Interpersonelles Vertrauen in Organisationen. Eine empirische Untersuchung der Einflussfaktoren und Verhaltenswirkungen, Peter Lang Verlag 2008, Frankfurt am Main et al. ISBN: 978-3-631-57261-0.